Orientierungshilfe zu diskriminierungssensibler Sprache
Die Universität zu Köln (UzK) bekennt sich nachdrücklich dazu, ein Studien-, Lehr- und Arbeitsort zu sein, an dem Diversität als positiv angesehen und eine Kultur des Hinsehens, der Verständigung und Kooperation angestrebt wird. Die Verpflichtung, einen fairen, wertschätzenden und respektvollen Umgang miteinander zu pflegen, erstreckt sich nicht zuletzt auf einen diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch an der UzK. Denn mit Sprache können wir bewusst oder unbewusst beleidigen, einschüchtern, herabsetzen, ausgrenzen, verletzende Stereotypen verstärken und zum ungleichen Status von Studierenden und Beschäftigten beitragen. Und auch wenn die sprechende Person oftmals nicht die Absicht hat, sich diskriminierend zu äußern, kann die Aussage verletzend auf die negativ betroffene Personengruppe wirken.
Eine diskriminierungssensible Sprache, die alle Menschen an der UzK respektiert und einbezieht, ist frei von sexistischen, rassistischen und anderen diskriminierenden Begrifflichkeiten. Aber diskriminierungskritische Sprache ist zugleich als Prozess zu verstehen, der nie abgeschlossen ist. Denn Sprache ist genauso in Entwicklung wie die Forschung, die Politik und die Gesellschaft. Allgemeingültige Sicherheiten für einen diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch gibt es daher nicht. Alle Professor*innen, Studierende und Mitarbeiter*innen, sollten den Anspruch entwickeln, die eigene Sprachwahl und die Sicht auf die Bedeutung von Sprache fortlaufend selbstkritisch zu prüfen.
Diskriminierungssensible Sprache betrifft selbstverständlich alle Kontexte einer Hochschule. Wir kommunizieren ständig in Schrift, Wort, Körpersprache – und Konflikte können folglich potenziell überall entstehen. Besondere Bedeutung haben die Kontexte mit einer hohen Reichweite an Personen, also z.B. die direkte Kommunikation nach innen und außen (z.B. E-Mails, Öffentlichkeitsarbeit, Marketing), Stellenausschreibungen, Gremienbefassungen etc.
Besonderer Kontext: Lehre
Der Kontext der akademischen Lehre steht an Hochschulen besonders oft im Fokus, wenn es um diskriminierungssensible Sprache geht. Lehrinhalte (z.B. historische Texte, Begriffsbildungen, Abbildungen, Filme oder Methodiken) können mit Blick auf verwendete Sprache Kritik hervorrufen, und sind entsprechend zu kontextualisieren, ohne durch die Verwendung diskriminierender Begrifflichkeiten erneut Diskriminierungen zu wiederholen. Ebenso geht es darum, über diskriminierende Strukturen im jeweils eigenen Wissenschaftsfeld zu sprechen. Zudem können Konflikte im Kontext von Lehre in Bezug auf Bezeichnungen und Ansprachen entstehen, z.B. durch Fragen nach der Herkunft von Studierenden oder durch die Verwendung des generischen Maskulinums.
Wie können wir handeln?
Bei der Anwendung von diskriminierungssensibler Sprache geht es nicht um Zensur oder Zwang zur „politischen Korrektheit“. Es geht vielmehr darum, eine kontinuierliche und kritische Selbstreflexion der eigenen Positionierung in der Lehre, Forschung und Verwaltung durchzuführen. Es geht um eine gewaltfreie Sprache, um eine gegenseitige Anerkennung und um einen respektvollen Umgang aller Mitglieder der UzK.
Selbstreflexion
Als Studierende, Mitarbeiter*innen, Professor*innen und Führungskräfte liegt es in unserer Verantwortung, uns über die Bedeutung von Sprache auf dem Laufenden zu halten. Zugleich hilft die stetige Reflexion folgender Fragen: Was genau drücke ich durch meine Sprache aus? Was sagt meine Sprache über mich und meine Position aus? Wie sind die Begriffe, die ich verwende, entstanden? Wie könnten sie von den Zuhörer*innen und Leser*innen verstanden werden?
Konstruktive Feedback-Kultur
Wir erwarten von allen Hochschulangehörigen, dass eine kritische Auseinandersetzung mit Sprachgebrauch in einem konstruktiven, dialogorientierten Rahmen geführt wird. Das bedeutet erstens, dass alle dazu beitragen, einladende Räume für kritische Auseinandersetzungen zu schaffen: Dass einerseits Kritik konstruktiv sachlich geäußert wird, und dass andererseits Kritik sachlich angenommen wird. In einem zweiten Schritt sollten beide Seiten offen Argumente abwägen dürfen, ohne dabei persönlich zu werden
Begriffe vermeiden, kontextualisieren, Sprachwahl verändern
Grundsätzlich gilt: Begriffe, die als beleidigend, beschimpfend, stigmatisierend, diffamierend, abwertend oder in anderer Weise als diskriminierend aufgefasst werden können, sind zu vermeiden. Zusätzlich bedarf es eines historischen Verständnisses über ihre Ursprünge sowie der Auswirkung von Begriffen in der Vergangenheit und heute. Es liegt in unserer aller Verantwortung, sich Klarheit über einen Kontext zu verschaffen, bestimmte Begriffe als diskriminierend zu verstehen sowie sich davon zu distanzieren bzw. die eigene Sprachwahl zu verändern. Im Lehrkontext heißt das bspw. Texte z.B. von Martin Luther King, Kant, Senghors und Césaire oder Kunstrichtungen wie den Primitivismus des frühen 20. Jahrhunderts, entstanden in einer durch Rassismus geprägten, (post-)kolonialistischen Geschichte, immer entsprechend zu kontextualisieren, zugleich rassistische Termini in der Lehre durch die eigene Sprachwahl aber nicht zu reproduzieren.
Content-Warnungen
Eine Triggerwarnung oder Contentwarnung (Inhaltswarnung) bezeichnet eine Kennzeichnung von sensiblen Inhalten, die bei Menschen psychisch belastende Erinnerungen und damit verbundene starke Emotionen auslösen können. Dies kann zum Beispiel Darstellungen von Gewalthandlungen oder von diskriminierenden Praktiken betreffen. Diese Warnungen sollen Leser*innen und Zuhörer*innen die Möglichkeit geben, sich darauf einzustellen und zu entscheiden, ob sie sich mit den sensiblen Inhalten auseinandersetzen wollen. Vor der Behandlung von Inhalten und Texten sollte sich also die Frage gestellt werden, ob hiermit potenziell psychologische Trigger gesetzt werden könnten. Damit verbunden ist eine wachsende Sensibilität für die Perspektive von Zuhörenden. Ziel ist es, einen sichereren Raum für Teilnehmer*innen oder Leser*innen zu schaffen, und damit die sachbezogene Auseinandersetzung mit Themen zu unterstützen.
Zur Entwicklung von Sprache
Sprache ist dynamisch, die Bedeutung von Worten und Formulierungen kann sich im Laufe der Zeit ändern. Die Geschichte eines Wortes ist aber so lange von Bedeutung, wie die Auswirkungen dieser Geschichte noch spürbar sind.
So existieren einige Begriffe mit (kolonial)rassistischen Hintergründen, die noch häufig unreflektiert in unserem Sprachgebrauch kursieren, unter anderem der Begriff des N-Wortes. Dies wurde im Zuge der Entwicklung der Rassentheorien im 18. Jahrhundert in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch integriert. Die Rassentheorien rechtfertigten Anti-Schwarzen Rassismus. Untrennbar mit dem N-Wort verbunden ist also das Bild eines minderwertigen Menschen, mit entsprechenden biologistischen und stereotypen Eigenschaften. Die Verwendung des Wortes zementiert diese Vorstellung über Schwarze Menschen noch heute, und sie wirkt zugleich für Schwarze Menschen in hohem Maße verletzend. Deswegen ist das N-Wort einer von mehreren Begriffen, welcher in einer postkolonialen Gesellschaft nicht mehr verwendet werden sollte.
Der Begriff „Schwarz“ wird oft als Selbstbezeichnung von Menschen afrikanischer und afro-diasporischer Herkunft, schwarzen Menschen und people of colour gewählt. Das großgeschriebene „S“ wird bewusst gesetzt, um sich sozio-politisch zu positionieren.
Weitere Orientierungshilfen zum
gendersensiblen Sprachgebrauch
- „ÜberzeuGENDERE Sprache“: Leitfaden zur geschlechtersensiblen Sprache der UzK
rassismuskritischen Sprachgebrauch
- „Leitfaden für einen rassismuskritischen Sprachgebrauch“: Handreichung zum rassismuskritischen Sprachgebrauch des Antidiskriminierungsbüros Köln und Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V.
inklusiven / barrierearmen Sprachgebrauch
- „Barrierefreie Kommunikation: wichtige Begriffe kurz und einfach erklärt“, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Institut für Angewandte Linguistik
- Begriffe über Behinderung von A bis Z (Leidmedien.de)
diversitätssensiblen Lehren
- Inklusive Lehre an der UzK
- Self-Assessment-Tool "divers - zu Diversitätssensibler Hochschullehre"
Literaturempfehlungen
Wissenschaftliche Artikel, Sachbücher, Zeitungsartikel...
- Arndt, Susan/ Ofuatey-Alazard, Nadja (ed., 2011): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. Münster: Unrast Verlag. 653-657.
- Kilomba, Grada (2009, 3. Juni). Das N-Wort. bpb. 28.03.2022
- Onlinequelle: Der Braune Mob.eV. Medienwatchblog und Anregung für alternativen Sprach-/Bildgebrauch.
- Stefanowitsch, Anatol (2018). Eine Frage der Moral. Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen. Duden.
(Liste wird fortlaufend aktualisiert)