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Bewegungsbeeinträchtigung

Erfahrungsbericht von Lukas Schiwy (Student der Uni Köln)

Ich bin Lukas Schiwy und studiere im zweiten Master-Semester Betriebswirtschaftslehre an unserer Universität. Meinen Bachelorabschluss absolvierte ich ebenfalls hier in Köln. Neben meinem Studium bin ich Sitzvolleyballer im Kader der deutschen Nationalmannschaft. Somit besteht mein Studienalltag aus zwei wichtigen Säulen: dem Sport und dem Lernen.

Zwangsläufig ist es oft schwierig Studium und Sport in einen geeigneten zeitlichen Rahmen zu bekommen. Das Unifit, welches Teil des Unisport Angebots ist, unterstützt mich dabei eine Brücke zwischen beidem zu schlagen. Zum einen kann ich durch die kurzen Wege auf dem Campus meine Krafteinheiten sehr gut in meinen individuellen Stundenplan integrieren. Zum anderen vermitteln die engagierten Mitarbeiter*innen der „Fitness Fakultät“ zwischen mir und den Lehrstühlen, wenn ich z.B. aufgrund eines Auslandsturniers einen Kurs nicht vollumfänglich wahrnehmen kann.

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Im Alltag bin ich aufgrund meiner Behinderung auf einen Rollstuhl angewiesen, was beim Training im Unifit durchaus in mancherlei Hinsicht ein Problem darstellt. Zwar kann ich die zwei kleinen Stufen am Eingang durch einen kleinen Schlenker über die Wiese sehr gut ausgleichen, jedoch ist der Zugang zu den Toiletten und Umkleiden nur über mehrere Treppenstufen erreichbar. Aber auch dies lässt sich relativ problemlos umgehen, indem ich bereits umgezogen zum Training erscheine. Auf der Trainingsfläche sind alle Geräte gut und einfach mit dem Rollstuhl zu erreichen. Lediglich der Freihantelbereich, welcher sich in der ersten Etage befindet, ist für mich nicht zugänglich. Dennoch ist ein vollumfängliches Ganzkörpertraining problemlos möglich.

Besonders hat mich als Athlet die Professionalität beeindruckt, mit der die neuen Mitglieder in das Trainingsangebot eingeführt werden. So vermittelt der (auch für Profis) verbindliche Einführungskurs alle elementaren Kenntnisse des Kraftsports. Am Ende des Einführungskurses steht der individuelle Trainingsplan, welcher genau auf die Trainingsziele der Mitglieder abgestimmt ist. Ich würde zusätzlich gerne die gelebte Offenheit und Hilfsbereitschaft im Unifit hervorheben. Trotz der oben erwähnten Einschränkung in der Barrierefreiheit, kann ich das Unift dennoch für Menschen mit Einschränkungen empfehlen. Schaut also gerne mal vorbei und vielleicht sieht man sich beim nächsten Mal auf der Trainingsfläche.

Vor- bzw. nach den Trainingseinheiten versuche ich jede Präsenzveranstaltung wahrzunehmen. Hierbei gilt es für mich immer zunächst zu klären, ob der entsprechende Hörsaal für mich barrierefrei erreichbar ist. Bereits bei dem Versuch eine Veranstaltung in Aula 1 wahrzunehmen zeigt sich deutlich, dass Eigeninitiative gefragt ist. Zwar ist der Zugang zum entsprechenden Hörsaal durch einen kleinen Aufzug stufenlos möglich, jedoch sind sämtliche Sitzreihen lediglich über einige Treppen erreichbar. Umgekehrt musste ich auch feststellen, dass die sich den Sitzreihen gegenüber befindende Bühne ebenfalls als Rollstuhlfahrer nicht erreichbar ist, als ich bei der feierlichen Überreichung meines Bachelorzeugnisses als einziger meinen Umschlag vor der Bühne verliehen bekam.

Ich stoße in meinem Unialltag häufiger auf diese gut gemeinten, jedoch meist nicht ganz durchdachten, Ansätze zur Erreichung der Barrierefreiheit. So gibt es beispielsweise Treppenlifte im WiSo-Schlauch, die Rollstuhlfahrenden bei der Überbrückung mehrerer kleiner Treppenabsätze dienen sollen. Alle, die einmal in den Genuss der Benutzung ebenjener Lifte gekommen sind, wissen von der zeitlichen Tortur und dem Eigenleben dieser Plattformen. „Lukas ich hole schon mal einen Kaffee, okay?“, heißt es häufig, wenn ich den Euroschlüssel zücke, um das Bedienelement zu aktivieren. Nicht selten ist der Kaffee vor mir oben.

Nun könnte man sich durchaus die Frage stellen, warum man sich in meiner Situation nicht gleich für eine andere Universität entschieden hat, wenn doch so viele Hürden die Leichtigkeit des Alltages beschweren? Ganz einfach – genau deshalb! Ich habe das Glück trotz meiner körperlichen Behinderung ein gewisses Maß an Fitness zu haben, was es mir ermöglicht jede einzelne dieser Hürden zu überwinden und dadurch den Weg zu ebnen.

Im Alltag jedes einzelnen Menschen mit Einschränkungen gibt es diese Hürden, die auch vor der Universität nicht Halt machen. Deshalb liegt es an uns selber die Dinge so zu gestalten, dass wir aus ursprünglichen Steinen, Brücken bauen – denn das ist der Kern der Inklusion. Die Universität zu Köln verkörpert für mich diesen Gedanken des Miteinanders und der Kooperation, mit dem Wissen, dass sie noch nicht perfekt ist. Doch ich bin mir sicher, dass wir uns auf einem guten Weg befinden, an dessen Ende Behinderungen keine Rolle mehr spielen.

Euer Lukas Schiwy