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Neurodiversität

Autismus-Spektrum-Störung – Erfahrungsbericht Absolvent*in der Uni Köln

Ich habe im vergangenen Jahr an der Uni Köln den Master in Economics abgeschlossen. Für mich war dieser Studienabschluss ein sehr langer und schwerer Prozess, meine Semesterzahl lag am Ende „jenseits von Gut und Böse“.

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Bild: StockSnap/pixabay.com

Dass ich zur Gruppe der Studierenden mit Beeinträchtigung zähle, war mir die meiste Zeit meines Studiums nicht bewusst. Studieninhalte, Selbstorganisation und auch das ganze Leben drumherum waren für mich sehr anstrengend. Oft habe ich mich in die Uni und durch deren Anforderungen gequält, um dann später am Tage erlösend froh sein zu können, wenn ich wieder alleine und für mich sein durfte. Ich habe mich immer wieder sehr stark von allem zurückgezogen, sowohl vor Anforderungen, als auch vor Menschen. Erst im Verlauf einer längeren Studienunterbrechung ging ich meinen Schwierigkeiten auf den Grund und erhielt in der Uniklinik Köln eine Autismusdiagnose, anschließend wurde eine Schwerbehinderung anerkannt.
Autismus äußert sich sehr verschieden und ist nach außen unsichtbar. Bei mir bietet es Erklärungen für meine, durch zu viele Außenreize bedingten, Erschöpfungszustände, meinen anderen Wahrnehmungsstil und dafür, dass es mir bedauernswert oft schwerfällt, mich mit anderen Menschen verbunden zu fühlen.

Bei Wiedereinstieg im Studium trat ich in Kontakt mit dem Servicezentrum Inklusion (SZI), wo ich über lange Zeit betreut wurde. Es brauchte mehrere Anläufe, ehe ich mithilfe einer sehr guten und konstruktiven Betreuung durch den Professor in der Masterarbeit, eines verständnisvollen Prüfungsamtes, der stützenden Sicherheit der Beraterin vom SZI und zuletzt durch den zusätzlichen Einsatz einer Studierenden von der Assistentenstelle meine Arbeit mit einem Kraftakt einreichen und mein Studium zum Ende bringen konnte. Denn auch hier gab es für mich immer Rückschläge, Situationen, in denen mich verschiedene Akteur*innen wieder hineingeholt haben, wo ich von alleine aufgegeben hätte. Es war mir dann aber möglich, meine auch mit dem Autismus verbundenen Stärken zu erkennen und ich durfte erleben, dass das Abrufen meiner Kompetenzen gegen alle Zweifel zu einem guten Studienabschluss führte.

Ich habe viel persönliche Unterstützung erhalten und bin dafür sehr dankbar. Wichtiger noch aber ist aus meiner Sicht, auf breiter Fläche zu wirken, das Thema Inklusion und Diversität in der Gesellschaft und auch an unseren Universitäten hochzuhalten und weiter auszubauen. Schon das Signal, auf ganz verschiedene Arten und Weisen in Ordnung und für die Gesellschaft genügend zu sein, ist wichtig. An der Entstigmatisierung des Andersseins weiter mitzuwirken,
das wünsche ich mir von der Uni Köln. Durch das von ihr bisher schon erbrachte Engagement bin ich stolzer Absolvent dieses Hauses.